König der Blinden
König der Blinden

Willkommen in meinem Reich,
seit wann bist Du schon hier?
Seit gestern oder heute,
oder ist’s schon länger her?
Lass Dir von mir die Hausordnung
ganz genau erklären
Wenn Du bleiben und hier leben willst,
musst Du Dich danach führen.

Du musst lernen wie man „Danke“ sagt
und sich dabei ganz tief bückt
Und wie man Essensreste
von fremden Tellern leckt
Du musst wissen wie man lächelt,
während man den Boden küsst
Und das hier Freiheit nicht viel mehr
als ein Wort zum träumen ist

Hier spricht der König aller Blinden
Mach ein letztes Mal die Augen auf
Du stehst hier mitten auf dem Friedhof
auf dem Du mal liegen sollst.

Du brauchst Dich nicht zu fürchten,
denn Du bist hier nicht allein
Als Teil der großen Mehrheit,
die Tag für Tag nur schweigt
Im Heer der Namenlosen,
das nur einen Weg gehen soll
Du und Deine Nachbarn – zusammen seid Ihr mein Volk

(Mein Volk, Ihr seid das Volk)

Hier spricht der König aller Blinden
Also werft Euch in den Staub
Bis ich Euch befehle aufzustehen,
wenn Ihr für mich tanzen sollt.

Ich bin der König der Blinden.
Kniet Euch nieder in den Dreck
Hört, was ich Euch sage,
denn ich bin das Gesetz
Sperrt Eure Gedanken ein
und werft den Schlüssel weg.
Niemand wird Euch etwas fragen,
und Ihr sollt keine Fragen stellen.
Seid zufrieden mit dem Leben,
das man Euch gibt.

Euer Mund ist nicht zum Reden da,
Eure Ohren nicht zum Hören
Eure Nase soll nichts riechen
und Eure Nerven sollen nichts spüren
Eure Füße sollen nicht gehen,
solange man es nicht befiehlt.
Vergesst nie die Regeln,
die das Regelheft bestimmt.

Ich bin der König aller Blinden
Glaubt Ihr wirklich, Ihr selbst könnt sehen?
Kniet Euch alle nieder in den Dreck,
bis ich befehle aufzustehen.

Ich bin der König aller Blinden,
also werft Euch in den Staub.
Willkommen im goldenen Käfig
Willkommen in meinem Haus!